Kann man Resilienz lernen?

Kann man Resilienz lernen?

Resilienz – dieses Wort begegnet uns in den letzten Jahren immer häufiger. Arbeitgeber und Führungskräfte sprechen über die Wichtigkeit, „resilient“ zu sein, um den ständig wachsenden Herausforderungen des Berufsalltags zu begegnen. Aber was steckt wirklich dahinter? Kann man Resilienz überhaupt lernen oder ist es lediglich eine Eigenschaft, die man entweder besitzt oder nicht?

Resilienz: Mehr als nur „hart im Nehmen“

Zunächst einmal: Resilienz bedeutet nicht, immer stark sein zu müssen und ständig alles auszuhalten. Es geht vielmehr um die Fähigkeit, flexibel auf schwierige Situationen zu reagieren, aus Rückschlägen zu lernen und sich mental an neue Gegebenheiten anzupassen. Wer resilient ist, kann Herausforderungen als Lernchancen begreifen und entwickelt daraus sogar eine gewisse innere Stärke. Aber wie lernt man das?

Die Herausforderung des „Trainings“

Kritiker sagen, dass Resilienz eine tief verankerte Charaktereigenschaft ist, die stark von den frühen Lebensjahren und der persönlichen Entwicklung beeinflusst wird. Studien zeigen, dass eine unterstützende Kindheit, positive Bindungen und Erfahrungen unsere Resilienz prägen. Menschen, die schon in jungen Jahren emotionale Unterstützung und Strategien zur Problemlösung vermittelt bekamen, haben einen „Vorsprung“ in Bezug auf Resilienz. Doch was ist mit denen, die diese Grundlage nicht haben?

Hier wird oft auf spezielle Trainingsprogramme und Coaching-Ansätze verwiesen. Es gibt eine Vielzahl von Büchern, Seminaren und Workshops, die das „Resilienztraining“ anpreisen. Aber: Kann ein Wochenendseminar wirklich das ausgleichen, was andere über Jahre gelernt haben?

Lernen bedeutet auch: Unbequeme Reflexion

Resilienz zu „lernen“ ist ein langfristiger Prozess. Es geht nicht nur darum, Techniken anzuwenden, sondern auch um Selbstreflexion, emotionale Arbeit und das Aufbrechen alter Muster. Oft bedeutet das, dass man sich mit unangenehmen Emotionen auseinandersetzen muss, sich seinen eigenen Schwächen stellt und vor allem auch zulässt, dass man Hilfe annimmt.

Resilienz kann daher in gewissem Maße „erlernt“ werden, aber es ist kein reiner Skill wie Excel-Kenntnisse. Vielmehr ist es eine tiefergehende Veränderung der eigenen Sichtweise und des Umgangs mit Belastungen – und das braucht Zeit.

Unternehmen: Achtung vor der „Resilienzfalle“

Ein weiteres Problem: Immer mehr Unternehmen schreiben Resilienz als quasi „Pflichtkompetenz“ aus. Der Gedanke dahinter ist nachvollziehbar – wer resilient ist, bleibt leistungsfähig, auch wenn der Druck steigt. Doch hier entsteht schnell eine gefährliche Falle. Die Verantwortung wird auf den Einzelnen abgewälzt: „Du musst einfach resilienter sein.“ Doch Resilienz allein kann keine Überforderung, schlechte Arbeitsbedingungen oder fehlende Unterstützung kompensieren.

Die Förderung von Resilienz darf daher nicht zum Alibi werden, um strukturelle Probleme in Organisationen zu verschleiern. Stattdessen sollten Unternehmen aktiv Maßnahmen ergreifen, die das Wohlbefinden und die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeiter wirklich unterstützen – dazu gehört auch eine gute Führungskultur, realistische Zielsetzungen und echte Wertschätzung.

Ja, Resilienz kann in einem gewissen Rahmen gelernt und gestärkt werden, aber es ist kein „Wundermittel“ und schon gar nicht die Lösung für alle beruflichen Belastungen. Die Arbeit an der eigenen Resilienz ist wichtig, doch noch wichtiger ist es, sich in einem Umfeld zu bewegen, das diese Entwicklung unterstützt, statt sie zu erschweren.

Was denkt ihr? Kann man Resilienz wirklich „lernen“ – und wenn ja, wie?

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