Jeder kennt die Empfehlung: Beginne den Tag mit einem Lächeln. In Motivationsworkshops nutzen oft die Moderatoren das sogenannte Power-Posing für die Teilnehmer. Doch funktioniert dies auch?
Die Beziehung zwischen Körper und Geist ist ein faszinierendes und oft unterschätztes Thema. Während allgemein bekannt ist, dass unsere Gedanken und Emotionen unsere Körpersprache beeinflussen, zeigt die neuere Forschung, dass diese Beziehung auch umgekehrt gilt: Unsere Körpersprache kann unsere Gedanken und Gefühle beeinflussen. Dieser Artikel beleuchtet die wissenschaftlichen Erkenntnisse und praktischen Anwendungen dieser Wechselwirkung.
Theorien und Studien
Power Posing Die Theorie des „Power Posing“, bekannt gemacht durch Amy Cuddy und ihre Kollegen, besagt, dass das Einnehmen von sogenannten „High-Power-Posen“ (z.B. offene Arme und aufrechte Körperhaltung) das Gefühl von Macht und Selbstvertrauen steigern kann. In ihrer Studie aus dem Jahr 2010 fanden sie heraus, dass solche Posen nicht nur das subjektive Empfinden von Macht erhöhen, sondern auch physiologische Veränderungen wie einen Anstieg von Testosteron und einen Rückgang des Stresshormons Cortisol bewirken können.
Spiegelneuronen Spiegelneuronen, die ursprünglich bei Affen entdeckt wurden, aktivieren sich sowohl beim Ausführen einer Handlung als auch beim Beobachten derselben Handlung bei anderen. Diese Neuronen könnten eine wichtige Rolle dabei spielen, wie unsere eigene Körpersprache unsere Emotionen und die Wahrnehmung anderer beeinflusst. Sie helfen uns, Emotionen und Intentionen zu verstehen und nachzuempfinden.
Feedback-Hypothese Die Feedback-Hypothese besagt, dass körperliche Bewegungen und Gesichtsausdrücke Rückmeldungen an das Gehirn senden, die unsere Emotionen beeinflussen. Eine bekannte Studie von Strack et al. (1988) zeigte, dass Menschen, die gezwungen wurden zu lächeln, indem sie einen Stift zwischen die Zähne hielten, lustige Cartoons als lustiger empfanden als diejenigen, die den Stift zwischen den Lippen hielten und somit ein Stirnrunzeln imitierten.
Praktische Anwendungen
Selbstbewusstsein steigern Durch das bewusste Einnehmen von selbstbewussten Körperhaltungen können Menschen ihr Selbstbewusstsein und ihre Leistungsfähigkeit in stressigen Situationen, wie Vorstellungsgesprächen oder Präsentationen, steigern. Power Posing für nur zwei Minuten vor einer stressigen Situation kann helfen, sich selbstsicherer zu fühlen und bessere Leistungen zu erbringen.
Emotionale Regulation Menschen können ihre emotionale Verfassung beeinflussen, indem sie ihre Körperhaltung und Gesichtsausdrücke anpassen. Ein einfaches Lächeln, auch wenn es zunächst gezwungen erscheint, kann dazu beitragen, Stress abzubauen und die Stimmung zu heben. Dies liegt daran, dass das Lächeln positive Rückmeldungen an das Gehirn sendet, die zu einem besseren emotionalen Zustand führen.
Soziale Interaktionen Das Verständnis der Rückwirkung von Körpersprache kann auch in sozialen Interaktionen hilfreich sein. Menschen, die positive Körpersprache zeigen, können nicht nur ihre eigenen Emotionen verbessern, sondern auch positive Reaktionen bei anderen hervorrufen. Offene und einladende Körpersprache kann das Vertrauen und die Zusammenarbeit in Teams fördern.
Kritik und Weiterentwicklung
Obwohl die Theorie des Power Posing populär ist, hat sie auch Kritik erfahren. Einige Replikationsstudien konnten die ursprünglichen Ergebnisse nicht bestätigen, was zu einer Debatte über die Gültigkeit der Befunde geführt hat. Es wird zunehmend anerkannt, dass die Effekte von Körpersprache auf den Geist komplex und von verschiedenen Faktoren abhängig sind, einschließlich der individuellen Unterschiede und des Kontextes.
Die Wechselwirkung zwischen Körper und Geist ist ein dynamisches Feld, das weiterhin intensiv erforscht wird. Trotz kontroverser Befunde bleibt die grundlegende Idee, dass unsere Körperhaltung und Mimik unsere Gedanken und Gefühle beeinflussen können, ein wichtiges Konzept in der Psychologie. Indem wir dieses Wissen anwenden, können wir unser Selbstbewusstsein stärken, unsere Emotionen regulieren und unsere sozialen Interaktionen verbessern.
Durch das Verständnis der Wechselwirkung zwischen Körper und Geist können wir bewusste Entscheidungen treffen, um unser Wohlbefinden und unsere Leistungsfähigkeit zu verbessern. Zumindest aus eigener Erfahrung funktionierten diese Tools. Lächeln Sie, das hebt die Laune. Stellen Sie sich mit aufrechten Schultern und breiter Brust kurz vor Vorstellungsgesprächen oder Auftritten von Menschen hin. Dies gibt Ihnen zumindest am Anfang ein positives Selbstwertgefühl. Nutzen Sie dieses Wissen in Ihrem beruflichen und persönlichen Leben, um die besten Ergebnisse zu erzielen.
Quellen
Cuddy, A. J. C., Wilmuth, C. A., & Carney, D. R. (2012). The Benefit of Power Posing Before a High-Stakes Social Evaluation. Psychological Science, 23(12), 1361-1366.
Rizzolatti, G., & Craighero, L. (2004). The mirror-neuron system. Annual Review of Neuroscience, 27, 169-192.
Strack, F., Martin, L. L., & Stepper, S. (1988). Inhibiting and facilitating conditions of the human smile: a nonobtrusive test of the facial feedback hypothesis. Journal of Personality and Social Psychology, 54(5), 768-777.